Magazin Lübecker Bucht - September 2025
INTERVIEW / BLOG MAGAZIN LÜBECKER BUCHT 92 Was hat Sie an Karl Mays abenteuer- lichen Geschichten am meisten in Ihrer Kindheit fasziniert? Natürlich Nscho-tschi, die Schwester von Winnetou, die Pferde und dass am Ende das Gute siegt, hat mir ein warmes Gefühl hinterlassen. Diese Geschichten waren für mich ein Fenster in eine andere Welt voller Abenteuer, Werte und Hoffnung. In Ihrer Schulzeit konnten Sie bei der Aufführung eines Karl-May-Stücks mitmachen. Ist Ihnen etwas davon in Erinnerung geblieben? Oh ja, ich war Nscho-tschi! Ich trug eine wunderschöne Perücke mit langen, dich- ten schwarzen Zöpfen und wollte sie gar nicht mehr abnehmen. Ich war überzeugt: Ich bin Nscho-tschi. Was war Ihr erster Gedanke, als das Angebot aus Bad Segeberg kam? Zum Wilden Westen sagt man nur schwer Nein und zu einem Charakter wie Donna Leveret erst recht nicht. Sie hat Tiefe, Kraft und Mut. Sie liebt ihren Mann über alles, wäre da nicht diese starke Gier nach Gold. Würde sie diese Energie fürs Gute einset- zen, könnte sie wirklich etwas Großes be- wegen. Was fasziniert Sie an der Rolle der Donna Leveret? Donna ist rücksichtslos, manipulativ, ge- trieben von Macht und Gier. Aber ihre tiefe Liebe zu ihrem Mann zeigt, dass sie den- noch liebesfähig ist. Diese Gegensätze ma- chen Donna für mich spannend. Sie ist nicht schwarz-weiß. In ihrer Abgründigkeit liegt auch etwas Tragisches und das zu spielen, fordert mich auf besondere Weise. Verkörpern Sie lieber das Böse oder das Gute? Antagonistinnen fordern mich besonders. Sie geben mir viel Raum für Interpretation, bringen mich in Kontakt mit inneren Antei- len, die ich nicht in mein Leben integrieren würde. Nach zwei Vorstellungen bin ich oft völlig ausgepowert, aber genau das liebe ich. Diese Leere, die Platz schafft für neue Gedanken. Gibt es eine bestimmte Routine, um sich auf jede Aufführung vorzubereiten? Ja, an spielfreien Tagen halte ich bewusst Abstand zur Rolle. Ich denke nicht darüber nach und spreche auch nicht darüber. Ab Donnerstagvormittag beginne ich dann frisch, lese Text und Ablauf noch mal neu. So bleibt alles lebendig. Routine darf keine Macht übernehmen. Kennen Sie Lampenfieber? Wie ist das Gefühl, in einem Open-Air-Theater mit 7.500 Sitzplätzen zu spielen? Ich bin vor jeder Vorstellung angespannt im besten Sinne und fast schon süchtig nach diesem Moment. Für mich ist jede Aufführung wie eine Premiere. Ich will die Menschen nicht enttäuschen, ich will sie mitnehmen auf eine Reise in eine andere Welt, in einen anderen Raum, eine andere Zeit. Diese Erwartung an mich, diese Ener- gie trägt mich. Wie entspannen Sie und tanken n eue Energie in Ihrer freien Zeit? Yoga und Natur! Der große Spiegel der Stadt, der Segeberger See mit seinem alten Baumbestand und der rhythmischen Ruhe. Ein Kraftort. Ist bisher alles so gelaufen, wie Sie sich das vorgestellt haben und was wünschen Sie sich noch für diese Spielzeit? Ich wünsche mir vor allem trockene Tage. Sonne ist wunderschön, aber muss gar nicht sein, nur Regen bitte nicht mehr. An- sonsten bin ich einfach dankbar, Teil die- ses wunderbaren Teams zu sein. Es berührt mich jedes Mal aufs Neue, wie viel Leidenschaft hinter und auf der Bühne spürbar ist. Geht es nach den Karl-May-Spielen wieder zurück nach Mallorca? Und gibt es schon neue Pläne? Zunächst geht es schon sehr bald zurück nach Österreich zum Dreh von „Die Berg- retter“. Danach kommen erst mal Familie und meine Hundefamilie an erster Stelle. Sobald wir alle wieder ein bisschen zur Ruhe gekommen sind, entscheiden wir ge- meinsam, wie es beruflich weitergehen kann. Wir danken Ihnen herzlich für den netten Talk und wünschen Ihnen einen großartigen Sommer! Ich danke Ihnen, das wünsche ich Ihnen auch! Liebe Grüße, Sonja Kirchberger IM TALK MIT SONJA KIRCHBERGER © Foto: Karl-May-Spiele/Claus Harlandt
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